Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
 

§ 5 Gesellschafterrechte und -pflichten

I. Begriffe

Mitgliedschaft: Summe der aus der Gesellschafterstellung folgenden Rechte und Pflichten; die auf der Zugehörigkeit zu einem Verband beruhende Rechtsstellung einer Person. Ist nicht nur Rechtsverhältnis, sondern zudem Gegenstand eines subjektiven Rechts.

Gesellschaftsanteil: wird zumeist als Synonym für die Mitgliedschaft gebraucht

Vermögensanteil: bezeichnet den tatsächlichen Wert des Anteils eines Gesellschafters am Gesellschaftsvermögens; ist kein übertragbares Recht, sondern lediglich Rechengröße

Kapitalanteil: Bilanzziffer, die den gegenwärtigen Stand der Einlage des Gesellschafters angibt, so wie er sich nach den Methoden der kaufmännischen Buchführung und Bilanzierung errechnet (soll Aufschluss über den Vermögensanteil und über den relativen Wert der Beteiligung des Gesellschafters im Verhältnis zu den Anteilen der Mitgesellschafter geben)

II. Beitragspflicht

1. Beiträge und Einlage

Beitrag iwS: jede vom Mitglied zur Förderung des gemeinsamen Zwecks geschuldete (Primär-)Leistung

Beitrag ieS: vom Mitglied geschuldete vermögenswerte Leistung, die dem Gesellschaftsvermögen zufließen soll

Einlage: der vom Mitglied an die Gesellschaft geleistete (in das Gesellschaftsvermögen) Beitrag ieS


2. Möglicher Inhalt der Beitragspflicht und Art der Einbringung

  • Grundsätzlich kann jedes zweckfördernde Tun oder Unterlassen Beitrag sein – die Leistung einer Einlage ist üblich, aber nicht unentbehrlich.
  • Hinsichtlich der Art der Einbringung wird unterschieden: Einbringung zu Eigentum (quoad dominium), Einbringung dem Werte nach (quoad sortem) und Gebrauchsüber-lassung (quoad usum).

3. Mängel der Beitragsleistung

  • Vor dem Inkraftkrafttreten der Schuldrechtsmodernisierung war höchst umstritten, mit welchen Modifikationen die §§ 323 – 326 BGB a.F. und das (Kauf-)Gewährleistungsrecht (über § 493 BGB a.F.) zur Anwendung zu bringen waren. Neue Rechtslage noch völlig undiskutiert – grundsätzlich Anwendung der §§ 280 ff., 323 ff. BGB n.F.; wohl kein Raum mehr für einen Rückgriff auf die §§ 437 ff. (relevant wegen § 441 BGB n.F.).

4. Obergrenze der Beitragspflicht (§ 707 BGB)

  • Bestimmung des § 707 BGB ist an sich selbstverständlich: Abgestellt wird auf den vereinbarten Beitrag – Erhöhung wäre Änderung des Gesellschaftsvertrages – hierfür ist gemäß § 709 Abs. 1 BGB, §119 Abs. 1 HGB Einstimmigkeit erforderlich.
  • Wichtig: Regelung des § 707 BGB betrifft nicht:

· die Gesellschafterhaftung gemäß § 128 HGB gegenüber Dritten

· die Verlustdeckungspflicht der Gesellschafter bei Liquidation (§ 735 BGB).

  • Regelung des § 707 BGB ist dispositiv – im Gesellschaftsvertrag können also Nachschusspflichten festgelegt werde. Nur unter sehr strengen Voraussetzungen können jedoch die Beitragspflichten per Mehrheitsbeschluß erhöht werden (eindeutige Vorschrift im Gesellschaftsvertrag mit Festlegung von Obergrenzen u.ä.).

III. Treupflicht

Fall 5: A, B und C sind Gesellschafter der "Baumaterialien- und Holzgroßhandels-OHG". Die Gesellschaft erwirtschaftet mit dem Großhandel von Baumaterialien erhebliche Gewinne, die jedoch vom defizitären Holzhandel weitgehend aufgezehrt werden. A und B möchten daher den Gesellschaftsvertrag abändern und den Holzhandel vollständig aufgeben. C verweigert jedoch seine Zustimmung: Die Aufnahme des Holzhandels war auf seinen Vorschlag hin erfolgt, weshalb er ein Abgehen von dieser Idee als Kränkung empfindet.

  • Nach der im Schrifttum h.M. geht es bei der Treupflicht um eine auf Richterrecht beruhende Generalklausel, die etwa folgenden Inhalt hat:

"Die Gesellschafter sind verpflichtet, in Ausübung ihrer im Gesellschaftsinteresse begründeten mitgliedschaftlichen Befugnisse diejenigen Handlungen vorzunehmen, die der Förderung des Gesellschaftszwecks dienen, und zuwiderlaufende Maßnahmen zu unterlassen. Bei der Ausübung eigennütziger Mitgliedsrechte sind die Schranken einzuhalten, die sich aus dem Verbot einer willkürlichen oder unverhältnismäßigen Rechtsausübung ergeben. Auf die mitgliedschaftlichen Interessen anderer Gesellschafter ist angemessen Rücksicht zu nehmen." (so Hüffer, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., S. 79)


IV. Wettbewerbsverbot und Geschäftschancenlehre

Fall 6: A, B und C sind Gesellschafter der "Badener Brauhaus OHG", deren Geschäfte von A allein geführt werden. Die Gesellschafter beschließen, ihre Brauerei auf modernste Technik umzustellen; die alte Anlage soll zum Schrottpreis von 50.000 Euro verkauft werden. Durch Zufall erfährt A, dass Sammler bereit sind, für viele Einzelstücke der alten Brauereiausrüstung Liebhaberpreise zu zahlen; weitere Teile möchte der Inhaber einer anderen alten Brauerei zur Ersatzteilgewinnung aufkaufen. A erwirbt deshalb die Altanlage von seiner Gesellschaft für 50.000 Euro, um diese für insgesamt 300.000 Euro weiterzuverkaufen.

1. Herleitung und Inhalt des Wettbewerbverbots (§ 112 HGB)

  • Das Wettbewerbsverbot soll Gesellschaft und Mitgesellschafter davor schützen, dass ein Gesellschafter seinen Einfluss auf die Gesellschaft oder erlangte Informationen und Kenntnisse über die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zu eigennützigen Zwecken mißbraucht.
  • Anders als § 60 HGB und § 88 AktG ist § 112 HGB aber nicht auf die Sicherung der Arbeitskraft gerichtet.

2. Sanktionen für Wettbewerbsverstöße (§ 113 HGB)

  • Wichtig: Regelungen des § 113 HGB sind nicht abschließender Natur – in der Praxis zumeist Anwendung der §§ 117, 127 HGB (Entzug von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht) sowie in schwereren Fällen Ausschluß nach § 140 HGB!

3. Geschäftschancenlehre

  • Problematik wurde in jüngster Zeit unter dem Stichwort "corporate opportunities" thematisiert – insb. die geschäftsführenden Gesellschafter (aber auch Fremdgeschäftsführer) sind verpflichtet die Geschäftschancen der Gesellschaft wahrzunehmen.

V. Sorgfaltsmaßstab (§ 708 BGB)

  • die sog. eigenübliche Sorgfalt stammt aus dem römischen Recht und bildet in gewisser Weise ein Gegenmodell zum strengen Sorgfaltsmaßstab in § 43 Abs. 1 GmbHG oder § 93 Abs. 1 AktG

VI. Überblick über die Gesellschafterrechte

  • die Mitgliedschaft hat eine personen- und eine vermögensrechtliche Komponente – unterschieden werden deshalb Verwaltungs- bzw. Teilhaberechte (dazu Kapitel 6: Organisationsrecht der OHG) und Vermögensrechte (dazu Kapital 7: Finanzverfassung der OHG
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