§ 3 Begriff der Offenen Handelsgesellschaft
Fall 3: A und B wollen gemeinsam einen Kiosk
zum Verkauf von Zeitungen mit Imbissmöglichkeit betreiben.
Während A bereit ist, für die Verbindlichkeiten des Geschäfts
mit seinem gesamten Privatvermögen einzustehen, möchte
B seine Haftung auf maximal 5.000 Euro begrenzen. A ist hiermit
im Prinzip einverstanden, meint aber, die Gründung einer GmbH
sei ihm zu teuer.
|
I. Überblick
1. Die Tatbestandsmerkmale (§ 105 Abs. 1 HGB)
- eine Gesellschaft
- deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist
- unter gemeinschaftlicher Firma
- alle Gesellschafter haften den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt
2. Verhältnis OHG - GbR; OHG als Grundform
- subsidiäre Anwendung der §§ 705 ff. BGB auf die OHG ergibt sich
schon aus § 105 Abs. 1 HGB (§ 105 Abs. 3 HGB stellt dies ausdrücklich
klar)
- praktische Bedeutung hat das GbR-Recht für die OHG vor allem
in drei Bereichen:
- für die Leistung der Beiträge (§§ 705 -707)
- für das Gesellschaftsvermögen (§§ 718 -720)
- für das Ausscheiden eines Gesellschafters (§§ 738 -740)
- OHG ist Grundform für Gesellschaften, deren Zweck auf das Betreiben
eines (voll-) kaufmännischen Handelsgewerbes gerichtet ist
3. Zur Geschichte und zur wirtschaftlichen Bedeutung der OHG
II. Der Gesellschaftsvertrag
1. Allgemein
- keine Gesellschaft ohne Vertrag, doch der Wille der Vertragspartner
muss nicht notwendig auf die Gründung einer OHG gerichtet sein;
- Vertrag kann grundsätzlich formfrei abgeschlossen werden, eventuell
aber formbedürftige Beitragspflichten; vgl. insb. § 311b BGB, §
15 Abs. 4 GmbHG
2. Der Gesellschaftsvertrag als Schuldvertrag
- vgl. Systematik des BGB sowie den Aufbau von § 705 BGB
3. Der Gesellschaftsvertrag als Organisationsvertrag
- der Gesellschaftsvertrag ist auf die Schaffung einer Gemeinschaft
gerichtet, die (fast immer) nach außen wirken soll und deshalb
Organe benötigt sowie ein vom Privatvermögen der Gesellschafter
unterschiedenes Gesellschaftsvermögen
4. Konsequenzen für das Recht der OHG
- viele Modifikationen bei der Anwendung der Vorschriften des Allgemeinen
Teils und des Allgemeinen Schuldrechts; weitgehende Unanwendbarkeit
der §§ 320 ff. BGB
III. Betrieb eines Handelsgewerbes
1. Gewerbebegriff
Ein Gewerbetreibender
- ist selbständig tätig (also kein Arbeitnehmer
oder Beamter)
- tritt anbietend am Markt gegen Entgelt auf (nicht
unbedingt mit Gewinnerzielungsabsicht)
- seine Tätigkeit ist planmäßig
auf eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften gerichtet
- seine Tätigkeit baut auf ein Mindestmaß
an sachlichen Mitteln und Organisation auf
- ist kein Angehöriger eines "freien"
Berufes bzw. übt keine künstlerische oder
wissenschaftliche Tätigkeit aus
|
2. Handelsgewerbe
Kaufmann kraft Handelsgewerbe: § 1 Abs. 1 HGB
- "Istkaufmann" nach § 1 Abs. 2 HGB (vgl. auch § 105
Abs. 1 HGB)
- (neuer) "Kannkaufmann mit Rückfahrkarte" nach
§ 2 (vgl. auch § 105 Abs. 2 HGB)
- (alter) "Kannkaufmann" nach § 3 HGB
|
Kaufmann kraft Rechtsform: § 6 HGB (vgl. z.B. §
13 Abs. 3 GmbHG)
|
3. Zur Kaufmannseigenschaft der OHG und ihrer Gesellschafter
- Kaufmannseigenschaft entscheidet z.B. über die Anwendung der
§§ 343 ff. HGB praktisch bedeutsam insb. § 350 HGB (Befreiung vom Formerfordernis
für Bürgschaftserklärung u.a.)
- nach h.M. und Rechtsprechung sind auch die Gesellschafter einer OHG
und die Komplementäre einer KG Kaufleute (nicht aber die Kommanditisten)
IV. Die gemeinschaftliche Firma
§ 19 HGB a.F.
(1) Die Firma einer offenen Handelsgesellschaft
hat den Namen wenigstens eines der Gesellschafter mit einem das
Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusatz oder die Namen
aller Gesellschafter zu enthalten.
(2) Die Firma einer Kommanditgesellschaft
hat den Namen wenigstens eines persönlich haftenden Gesellschafters
mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusatze
zu enthalten.
(4) Die Namen anderer Personen als
der persönlich haftenden Gesellschafter dürfen in die
Firma einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft
nicht aufgenommen werden.
|
§ 19 HGB n.F.
(1) Die Firma muss, auch wenn sie
nach den §§ 21, 22, 24 oder nach anderen gesetzlichen Vorschriften
fortgeführt wird, enthalten:
- ...
- bei einer offenen Handelsgesellschaft die Bezeichnung
"offene Handelsgesellschaft" oder eine allgemein verständliche
Abkürzung dieser Bezeichnung;
- bei einer Kommanditgesellschaft die Bezeichnung
"Kommanditgesellschaft" oder eine allgemein verständliche
Abkürzung dieser Bezeichnung.
(2) ...
|
- beachte hierzu Überleitungsvorschrift:
Art. 38 EGHGB
(1) Die vor dem 1. Juli 1998 im
Handelsregister eingetragenen Firmen dürfen bis zum 31. März
2003 weitergeführt werden, soweit sie nach den bisherigen
Vorschriften geführt werden durften.
|
V. Fehlende Haftungsbeschränkung
- Merkmal dient der Abgrenzung von OHG und KG, vgl. § 161 Abs. 1 HGB
- betrifft nur das Außenverhältnis im Innenverhältnis
können Gesellschafter Haftungsfreistellung oder begrenzung vereinbaren
|