§ 14 Organisationsrecht der GmbH
I. Geschäftsführer
1. Fremdgeschäftsführung
- die Geschäftsführer der GmbH gelangen durch einen besonderen
Bestellungsakt in dieses Amt (§ 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG) - sind also nicht
schon wie die OHG-Gesellschafter als Gesellschafter (quasi automatisch)
Geschäftsführer (vgl. § 114 Abs. 1 HGB)
- anders als bei OHG/KG und GbR können auch Nichtgesellschafter
mit organschaftlicher Vertretungsmacht betraut werden
- beachte: Unterscheidung von Organverhältnis (Bestellung Abberufung)
und Anstel-lungsverhältnis (Anstellung Kündigung) à
hat praktische Bedeutung insb. bei "Absetzung" des Geschäftsführers:
Gesellschafter können Geschäftsführer jederzeit und ohne
Angabe von Gründen abberufen (§ 38 Abs. 1 GmbHG; anders dagegen
bei AG-Vorstand, vgl. § 84 Abs. 3 AktG) aber nur "unbeschadet
der Entschädigungsansprüche" d.h. wenn keine fristlose Kündigung
möglich ist (§ 626 BGB) bleibt das Anstellungsverhältnis vorläufig
bestehen
2. Aufgaben und Befugnisse
- das GmbHG enthält keine abgeschlossene Regelung zur Geschäftsführungsbefugnis
der Geschäftsführer grundsätzlich Gesamtgeschäftsführung
(vgl. § 35 Abs. 2 GmbHG) andere Regelung durch Gesellschaftsvertrag
möglich und üblich zu den Aufgaben der Geschäftsführer
vgl. auch §§ 35 Abs. 1, 40, 41, 49, 51a, 64, 78 GmbHG
- Geschäftsführer leiten die Gesellschaft nicht "in eigener
Verantwortung" (so § 76 Abs. 1 für Vorstand der AG), sondern weisungsgebunden
(vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG)
- nach dem Gesetz ist Gesamtvertretung die Regel (§ 35 Abs. 2 GmbHG)
in der Praxis wird häufig Einzelvertretung vereinbart, auch unechte
Gesamtvertretung ist möglich (vgl. hierzu § 78 Abs. 3 Satz 1 AktG,
§ 125 Abs. 3 HGB)
- die Weisungsgebundenheit der Geschäftsführer im Innenverhältnis
schlägt nicht ins Außenverhältnis (Vertretungsmacht)
durch (§ 37 Abs. 2 GmbHG) auch im GmbH-Recht gilt also Grundsatz der
unbeschränkten und unbeschränkbaren organschaftlichen Vertretungsmacht
à soweit Geschäftsführer
gegen Gesellschafterbeschlüsse verstößt, kann dies
selbst bei Evidenz des Verstoßes einem Dritten nicht entgegen
gehalten werden (Art. 9 Abs. 2 Publizitäts-Richtlinie)
3. Haftung der Geschäftsführer
- gegenüber Gesellschaft: § 43 Abs. 2 GmbHG (Geschäftsführer,
Pflichtverletzung) strenger Verantwortungsmaßstab (§ 43 Abs.
1 GmbHG nicht § 708 BGB); aber grundsätzlich keine Haftung
bei Anweisung durch die Gesellschafterversammlung
- gegenüber Gesellschafter: da kein Vertragsverhältnis
zwischen Gesellschafter und Geschäftsführer (vertragliche)
Haftung nur bei spezieller Anordnung (z.B. § 31 Abs. 6 GmbHG); grundsätzlich
auch keine Haftung aus Delikt (§ 43 GmbHG ist kein Schutzgesetz
i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB!)
- gegenüber Dritten: vertragliche Haftung eventuell aus
§§ 280 Abs. 1 i.V.m. 311 Abs. 2 BGB (c.i.c.); Haftung aus Delikt bei
Erfüllung des Deliktstatbestandes in eigener Person und Schutzgesetzverletzung
(insb. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG); höchst umstritten
ist deliktische Eigenhaftung des Geschäftsführers wegen Verletzung
von Verkehrspflichten (nur wenn diese den Geschäftsführer
auch persönlich treffen)
II. Gesellschafterversammlung
1. Gesamtheit der Gesellschafter als "oberstes" Organ
- fassen Beschlüsse als Gesellschafterversammlung (§ 48 Abs. 1
GmbHG) oder im Umlaufverfahren (§ 48 Abs. 2 GmbHG)
2. Kompetenzen der Gesellschaftergesamtheit
- grundsätzlich umfassende Zuständigkeit beispielhafte Aufzählung
in § 46 GmbHG, vgl. zudem §§ 53 Abs. 1, 55, 58, 60 Abs. 1 Nr. 2, 66
Abs. 1 GmbHG
- Vorlagepflicht der Geschäftsführer bei Grundsätzen
der Unternehmenspolitik, ungewöhnlichen Maßnahmen und Zweifeln
am mutmaßlichen Einverständnis der Gesellschafter
3. Stimmberechtigung und Verfahren
- Einberufung und Durchführung der Gesellschafterversammlung ist
im GmbHG nur rudimentär geregelt; vgl. z.B. § 49 Abs. 2 und 3 GmbHG
zur Frage, wann eine Versammlung einzuberufen ist fest steht allerdings,
dass Versammlung mindest einmal im Jahr einberufen werden muss (wegen
Beschlussfassung über Jahresabschluss und Gewinnverwendung)
- zur Form der Einberufung siehe § 51 GmbHG à
Vorschrift ermöglicht auch formlose und spontane Beratungen (vgl.
Abs. 3) allerdings kommt es nicht allein auf körperliche Anwesenheit
an ("Überrumpelungsschutz")
- zur Stimmberechtigung § 47 Abs. 1 und 2 GmbHG (abweichende
Ausgestaltung der Stimmberechtigung und Einstimmigkeitsprinzip vereinbar);
qualifizierte Mehrheit insb. erforderlich bei Satzungsänderungen
(§ 53 Abs. 2 GmbHG); Zustimmung des betroffenen Gesellschafters bei
Leistungsvermehrung (§ 53 Abs. 3 GmbHG) und Entzug von Sonderrechten
(35 BGB)
- beachte auch Stimmverbote nach § 47 Abs. 4 GmbHG
- Beschlussfassung grundsätzlich formfrei; Ausnahmen §§ 48 Abs.
3 (Einmanngesell-schaft) und § 53 Abs. 2 GmbHG (Satzungsänderungen)
III. Individual- und Minderheitenrechte
1. Informationsrecht der Gesellschafter
- 1980 führte die sog. kleine GmbH-Novelle ein sehr weitreichendes
(von vielen als zu weitgehend bewertetes) Informationsrecht ein à
vgl. §§ 51a und 51b GmbHG: steht jederzeit zur Verfügung, ohne
dass ein besonderer Anlass erforderlich ist
2. Einberufungsrecht
- nicht an Personenzahl, sondern an Kapitalminderheit von 10 % gebunden
(§ 50 GmbHG)
3. Beschlussmängelklage
- das Recht eines Gesellschafters, gegen aus seiner Sicht gesetzes-
oder satzungswidrige Beschlüsse der Mehrheit vorzugehen, ist im
GmbHG nicht geregelt à h.M.: entsprechende
Anwendung der §§ 241 ff. AktG
IV. Obligatorischer Aufsichtsrat
- nach Montanmitbestimmungsgesetz-1951 (1.000 Arbeitnehmer im Montanbereich)
à betrifft nur noch weniger als
10 Gesellschaften
- § 77 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz-1952 (500 Arbeitnehmer)
- Mitbestimmungsgesetz-1976 (2.000 Arbeitnehmer) à
betrifft ca. 400 Gesellschaften à
hier recht weitreichende Änderungen im Organisationsgefüge
der GmbH, vgl. insb. §§ 31 und 33 MitbestimmG.
- generell wird für den Aufsichtsrat auf die aktienrechtlichen
Vorschriften verwiesen (§ 52 GmbHG)
V. Die Gesellschaftsvertragliche Gestaltungsfreiheit
und ihre Grenzen
1. Allgemein:
- § 45 Abs. 2 GmbHG vs. § 23 Abs. 5 AktG
2. Stärkung bzw. Schwächung der Stellung des
Geschäftsführers
- Stärkung des Geschäftsführers z.B. durch Anbindung
der Abberufungskompetenz an einen wichtigen Grund;
- Schwächung des Geschäftsführers: nach h.M. steht dem
Geschäftsführer kein unentzieh-barer Kernbereich von Kompetenzen
zu kann aber durch den Gesellschaftsvertrag nicht von seinen gesetzlichen
Pflichten entbunden werden (ist wichtig insb. für § 64 GmbHG)
3. Beiratsorganisation
- Einrichtung eines Beirats als zusätzliches Organ der GmbH ist
grundsätzlich zulässig und zwar auch dann, wenn bereits Aufsichtsrat
existiert à auf Beitrat findet
dann § 52 GmbHG entsprechend Anwendung à
höchst umstritten ist jedoch, welche Befugnisse einem mit Nichtgesellschaftern
besetzten Beirat eingeräumt werden können
4. Sonderrechte
- sind Mitgliedschaftsrechte, die vom Gesellschaftsvertrag nur einem
oder einzelnen Gesellschaftern eingeräumt werden und diesem (bzw.
diesen) gegenüber den anderen Gesellschaftern eine grundsätzlich
unentziehbare Vorzugsstellung verschaffen à
§ 35 BGB als allgemeiner verbandsrechtlicher Grundsatz
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